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Unterstützung kommt bei bedürftigen Kindern kaum an

Die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket kommen bundesweit nur bei jedem siebten Kind an, in Hessen sogar nur bei etwa jedem zehnten

Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Zuschüsse für Klassenfahrten oder Kosten für Nachhilfe sollen Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien aus Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets erhalten. Doch tatsächlich kommt die Unterstützung bundesweit nur bei jedem siebten Kind an, in Hessen sogar nur bei etwa jedem zehnten. Hessen liegt damit auf dem viertletzten Platz im Bundesvergleich, so das Ergebnis einer Expertise, die der Paritätische Gesamtverband heute veröffentlicht hat.

 „Das Bildungs- und Teilhabepaket ist gescheitert, daran haben auch die mit dem so genannten Starke-Familien-Gesetz 2019 in Kraft getretenen Reformen nichts geändert“, so Dr. Yasmin Alinaghi, Landesgeschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hessen. „Wir fordern einen Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.“

Als Sofortmaßnahme muss die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets in den Kommunen verbessert, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sollten automatisch mitbewilligt werden, wenn Leistungen wie SGB II oder Wohngeld gewährt werden. Dies handhaben bereits einige Regionen in Deutschland so und erreichen damit Teilhabequoten von mehr als 90 Prozent.

Für die hessischen Kommunen zeigt die Expertise des Paritätischen eine sehr große Spannbreite: Im April 2020 war der Werra-Meissner-Kreis Schlusslicht, wo nur für 2,7 Prozent der Berechtigten Leistungen bewilligt wurden. Die beste Quote hatte die Stadt Offenbach mit 22 Prozent. Der hessenweite Durchschnitt lag in diesem Monat bei 8,2 Prozent.

Auffällig ist, dass die Bewilligungsquote in im April 2020 im Vergleich zu den Vormonaten gesunken ist. „Das könnte durchaus eine Folge der Corona-Kontaktbeschränkungen sein“, vermutete Annette Wippermann, Referentin für Grundsatzfragen beim Paritätischen Hessen. „Denn die Kommunen haben die Sprechstunden der Behörden flächendeckend geschlossen. Ohne persönliche Ansprechperson sind viele Betroffenen aber völlig damit überfordert, Anträge auf Unterstützung zu stellen.“ Viele Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Hessen berichten, dass sie ihre Klient*innen noch stärker als vor der Pandemie bei der Beantragung von Sozialleistungen unterstützen müssen.

Der Paritätische Hessen appelliert daher an die Behörden, in der Pandemie eine niedrigschwellige barrierearme Antragsstellung zu ermöglichen. Dazu gehört unter anderem, dass Sprechstunden unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes wieder geöffnet werden. Unabdinglich ist auch, dass Dolmetscherdienste angeboten werden. Dies ist auch bei Gesprächen über Telefon und Video möglich.

„Wenn Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakets aufgrund bürokratischer Hürden nicht ausgezahlt werden, verstärkt das die Chancenungleichheit, die in der Corona-Krise ohnehin wächst“, so Annette Wippermann: „Es betrifft Kinder und Jugendliche, die oft auch beim Homeschooling benachteiligt sind, weil ihnen technische und räumlichen Voraussetzungen fehlen.“  

Zur Pressemeldung (PDF)