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Verbandstag zum Sozialraumkonzept

„Sozialraum für Alle - Zukunftskonzept oder Sozialromantik?“ - Über diese Frage haben mehr als 100 Vertreterinnen und Vertreter von Mitgliedsorganisationen diskutiert.

„Sozialraum für Alle - Zukunftskonzept oder Sozialromantik?“ - Über diese Frage haben am Donnerstag, 6. März, beim diesjährigen Verbandstag des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes Hessen mehr als 100 Vertreterin-nen und Vertreter von Mitgliedsorganisationen diskutiert. Veranstaltungsort war das Heiner-Lehr-Zentrum in Darmstadt, mitten im „Inklusiven Martins-viertel“. In diesem Stadtteil ist der PARITÄTISCHE Hessen Partner in einem Modellprojekt, das die gleichberechtigte Teilhabe aller zum Ziel hat.

Das „Inklusive Martinsviertel“ wurde beim Verbandstag als Beispiel für Sozialraumorientierung vorgestellt. Der Grundgedanke der Sozialraum-orientierung ist, nicht einzelne Menschen und ihre Defizite in den Blick zu nehmen, sondern ganze Lebensräume. Einem solchen Ansatz stehen jedoch oft zu starre Finanzierungsstrukturen entgegen. Für unterschiedliche Zielgruppen gelten unterschiedliche Sozialgesetze; Geld gibt es vor allem für Einzelfallhilfen, aber kaum für übergreifende Stadtteilarbeit. „Hier muss eine Änderung der Finanzströme stattfinden“, forderte Günter Woltering, Landesgeschäftsführer des PARITÄTISCHEN Hessen beim Verbandstag.

Zuvor hatten sich die Vertreterinnen und Vertreter der PARITÄTISCHEN Mitgliedsorganisationen, die in allen Bereichen Sozialer Arbeit tätig sind und aus ganz Hessen gekommen waren, in kleinen Gruppen über ihre Erfahrun-gen mit dem Sozialraum ausgetauscht. Sie hatten zudem diskutiert über die personellen, strukturellen Ressourcen, die für sozialraumorientierte Ansätze nötig sind und Visionen zu der Frage entwickelt, wie eine inklusive Stadtteil-Identität gelingen kann.

„Wenn wir über Inklusion sprechen, dann ist ausdrücklich nicht nur die Inklusion gemeint, die in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrie-ben wurde“, betonte Dr. Wolfgang Werner, Vorstandsvorsitzender des PARITÄTISCHEN Hessen. „Gemeint ist vielmehr der große Inklusionsbe-griff. Demnach soll jeder Mensch so akzeptiert werden, wie er ist, und die Möglichkeit haben, in vollem Umfang an der Gesellschaft teilzuhaben, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung und anderen individuellen Merkmalen. Die einzelne Person soll dabei nicht mehr an vorgegebenen Normen gemessen werden. Normal ist demnach vielmehr die Vielfalt, das Vorhandensein von Unterschieden.“

Als Experte für Sozialraumorientierung war Prof. Dr. Wolfgang Hinte nach Darmstadt gekommen, der das Institut für Stadtteilentwicklung, Sozialraum-orientierte Arbeit und Beratung an der Universität Duisburg-Essen leitet. In seinem Vortrag hob er hervor, dass sozialraumorientierte Konzepte am Willen der Bürgerinnen und Bürger ansetzen und nicht an ihren Defiziten.

Er kritisierte zudem einen Hang zur Überbetreuung und Überbeschützung, vor allem in der Behindertenhilfe. So würden allmorgendlich Menschen mit Behinderungen mit speziellen Bussen zur Arbeit in Werkstätten gebracht, auch wenn sie durchaus in der Lage sind, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. „Dabei bleiben die Menschen oft unter ihren Möglichkeiten“, sagte Prof. Dr. Hinte. „Gute Arbeit im Sozialraum lebt davon, dass Menschen selbst etwas tun und nicht davon, dass Systeme entwickelt werden, die etwas für die Menschen tun.“


Ansprechpartnerin beim PARITÄTISCHEN Hessen:
Barbara Helfrich
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 069/95 52 62-43
Mobil: 0163/6 14 16 26