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Regierungserklärung mit blinden Flecken

Der PARITÄTISCHE Hessen sieht in der Rede des Ministerpräsidenten Volker Bouffier einige positive Ansätze, aber auch deutliche Lücken.

Aussagen zu Armut und Langzeitarbeitslosigkeit vermisst der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband Hessen in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Volker Bouffier. „In seiner Rede vor dem Landtag hat er lediglich die niedrige Arbeitslosenquote gelobt und kein Wort zur Situation der Menschen verloren, die dennoch keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt haben“, kritisiert Annette Wippermann, Grundsatzreferentin beim PARITÄTISCHEN Hessen. Völlig ausgeklammert habe der alte und neue Regierungschef auch das Thema Armutsbekämpfung. „Jeder achte Hesse ist von Armut betroffen. Dazu darf die schwarz-grüne Landesregierung nicht schweigen, sondern sie muss konkrete Konzepte vorlegen“, sagt Wippermann.

Als positiven Ansatz bewertet der PARITÄTISCHE Hessen das angekündigte Sozialbudget in Höhe von 70 Millionen Euro, das unter anderem Frauenhäusern, Schuldnerberatungen und Selbsthilfegruppen zu Gute kommen soll. „Wir werden die Umsetzung kritisch begleiten. Hier müssen Worten Taten folgen“, betont Wippermann.

Als Lippenbekenntnis und bei weitem zu vage bewertet der PARITÄTISCHE Hessen Ministerpräsident Bouffiers Aussagen zur Inklusion. „Hier verharrt die Landesregierung in ihrer bisherigen Haltung und macht keine verbindlichen Zusagen“, sagt Grundsatzreferentin Wippermann. Um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zügig voranzubringen muss das Land Hessen sich finanziell engagieren und ein Inklusions-Budget bereitstellen. Die bremsende Aussage, er wolle bei Menschen mit Behinderungen „keine Erwartungen wecken, die wenn überhaupt, nur langfristig erfüllbar sind“ mache deutlich, dass auch in der neuen Legislaturperiode Inklusion auf die lange Bank geschoben werden soll. Auch beim gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung bleibt die Regierungserklärung wachsweich und lässt keinen Paradigmenwechsel erhoffen.

Der PARITÄTISCHE Hessen begrüßt, dass Ministerpräsident Bouffier bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt würdigt und in diesem Bereich Stärkung und Unterstützung ankündigt. Nicht hinnehmbar ist jedoch, dass in seiner Rede ehrenamtlicher Einsatz und die Höhe staatlicher Transferleistungen in einem Kontext genannt werden. „Ehrenamt kann die staatliche Daseinsvorsorge nicht ersetzen, sondern nur ergänzen“, kritisiert Grundsatzreferentin Annette Wippermann. „Hier versucht Ministerpräsident Bouffier Verantwortung abzuwälzen. Besonders bedenklich ist, dass sich seine Aussagen zum demografischen Wandel auf das Miteinander der Generationen beschränken.“ Auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft muss die Politik mit klaren Konzepten reagieren. So ist in der Pflege ist eine Überprüfung des Hessischen Betreuungs- und Pflegegesetzes (HGBP) dringend geboten.

Beim Kinderförderungsgesetz (KiföG), das trotz massiver Proteste seit Jahresbeginn in Kraft ist, erwartet der PARITÄTISCHE Hessen, dass die von der Koalition für den Sommer angekündigte Evaluation ernsthaft und gründlich erfolgt. Dabei müssen Erfahrungen von Einrichtungsträger, Wohlfahrtsverbänden und Eltern angemessen berücksichtig werden. Mit Blick auf die Integration von Kindern mit Behinderungen in Kindertagesstätten und Krippen muss sich das Land an der Aushandlung der Rahmenvereinbarung Integrationsplatz offensiver beteiligen. Die zehn Millionen Euro, die Ministerpräsident Bouffier in seiner Regierungserklärung zusätzlich für die Integration verspricht, sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ob diese Summe ausreicht, um Rückschritte bei der Inklusion in Kitas zu verhindern, ist aus Sicht des PARITÄTISCHEN Hessen jedoch noch nicht abzusehen.