Vision Inklusion

Arbeit für alle in Marburg

 

Impressum

Herausgeber

Arbeit & Bildung e.V.

Krummbogen 3

35039 Marburg

 

Redaktion

Dr. Nina Köllhofer

Volkhard Wolff

Iris Demel

Katja Eckhardt

 

Layout, Grafik und Satz

Susan Gildersleeve

 

Herstellung

Copyprint Druck & Design

Pilgrimstein 30

35037 Marburg

 

Copypright 2014

Arbeit & Bildung e.V.

 

WEB-Version: Carsten Hese

 

Die vorliegende Publikation ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Abbildungen, auch auszugsweise, ist ohne die schriftliche Genehmigung des Herausgebers urheberrechtswidrig und daher strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

 

Inhalt

 

Grußworte. 2

Noch ein Netzwerk – muss das sein?. 2

Mut – Respekt – Offenheit Vorurteile abbauen. 3

Begegnungen während der Zukunftskonferenz Auf Augenhöhe im World Café. 3

Impulsvortrag Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik im Zeitalter der UN-Konvention über die Menschenrechte – UN-BRK – behinderter Menschen. 3

Speed-Dating: Give me 5 Fazit aus Befragungen und Begegnungen. 3

Inklusion – da geht noch mehr ... 3

Inklusion – mutig in die nächste Dimension Perspektiven des Netzwerks. 3

Anhang und Materialsammlung. 3

Netzwerkpartner 3

 

Grußworte

Liebe Leserinnen und Leser,

ausgehend von der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen hat sich in Marburg das Netzwerk Inklusion junger Erwachsener mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen gegründet. Mit „Mut, Respekt und Offenheit“ suchen die Beteiligten gemeinsam nach neuen Wegen, um Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen in Arbeit zu bringen. Sie greifen damit die durch das UN-Abkommen ausgelöste Diskussion um Teilhabe vor Ort kreativ und konstruktiv auf.

Das Netzwerk hat es geschafft, dafür nicht nur alle in diesem Bereich tätigen Vereine, Institutionen und Kostenträger an einen Tisch zu holen, sondern durch innovative Ideen wie eine Zukunftswerkstatt mit Speed Dating, bei dem Betroffene und Arbeitgeber zusammengebracht wurden, auch für das Thema zu sensibilisieren. Die Broschüre gibt einen gelungenen Einblick in die Arbeit des Netzwerks und stellt die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt vor. Sie bietet aber auch einen zukunftsweisenden Ausblick und benennt die zu bewältigenden Probleme.

Es freut mich zu sehen, dass die Vernetzung der in Marburg tätigen Vereine und Institutionen für die Menschen so gewinnbringend und zielführend sein kann. Ich erhoffe mir für die Zukunft, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zunehmend dafür gewonnen werden können, jungen Erwachsenen mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben.

Für das weitere Vorgehen wünsche ich dem Netzwerk gutes Gelingen und viel Erfolg!

 

Egon Vaupel

Oberbürgermeister der Universitätsstadt Marburg

 

Der Paritätische Hessen versteht Inklusion als eine realistische Vision von einer diskriminierungs- und barrierefreien Gesellschaft, in der Behinderung als selbstverständlicher Teil menschlicher Vielfalt und Bereicherung gesellschaftlicher Pluralität gesehen wird.

Regionale Vernetzung und Partizipation gehören zu den wichtigen Motoren gesellschaftlichen Wandels in Richtung Pluralität und inklusiver Gesellschaft. Das Marburger Netzwerk Inklusion in Arbeit setzt genau hier an, um im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention auf eine angemessene Beschäftigung für alle in Marburg und Umgebung hinzuwirken.

Ich wünsche dem Netzwerk viel Erfolg für die weitere Zusammenarbeit und für die Verwirklichung seiner Ziele im Sinne einer gesellschaftlichen Öffnung für Inklusion, im Arbeitsleben und darüber hinaus.

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Günter Woltering

Landesgeschäftsführer

 

 

Noch ein Netzwerk – muss das sein?

Ja, es muss! Obwohl Marburg und auch der Landkreis Marburg-Biedenkopf eine Region mit vielfältiger sozialer Infrastruktur und zahlreichen Einrichtungen zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen und sozialen Einschränkungen ist, gibt es nach vorliegenden Recherchen keine vernetzte Struktur im Bereich der Förderung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerade von Menschen mit Schwerbehinderung sowie den von sozialer Benachteiligung Betroffenen.

So entstanden bereits im Verlaufe des Jahres 2012 erste Vorüberlegungen zwischen dem PARITÄTischen Hessen/ Region Mittelhessen und Arbeit und Bildung e.V. zur Einrichtung eines solchen Netzwerkes. Der Gedanke war, die unterschiedlichen Akteure im Handlungsfeld Arbeit miteinander in Kontakt zu bringen jenseits der jeweiligen Schwerpunktsetzungen und teilweise vorhandenen Konkurrenzen, um die Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen in der Stadt Marburg und der Region Marburg-Biedenkopf zu verbessern.

Schnell fanden sich soziale Träger wie JUKO Marburg e.V., DVBS e.V., Aids-Hilfe Marburg e.V., fib e.V., Integral GmbH sowie Leistungsträger: Agentur für Arbeit, KreisJobCenter, Integrationsamt und Fachdienst Soziale Leistungen der Universitätsstadt Marburg, die die Idee befördern wollten. In jedem Fall – das war die Herausforderung – verstand sich das Netzwerk von Anfang an als offenes Netzwerk, in dessen Verlauf neue Kooperationspartner hinzu treten konnten. Gemeinsam wurde die Idee weiter entwickelt auf der Suche nach möglichen Mitteln für das Netzwerk und ein Antrag bei Aktion Mensch gestellt. Als Antragsteller konnte Arbeit und Bildung e.V. gewonnen werden.

Innerhalb des 9-monatigen Projektes fanden regelmäßige monatliche Netzwerktreffen statt, bei denen eine Strategie zur Sensibilisierung regionaler Arbeitgeber im Sozialraum und weiterer öffentlicher Institutionen verfolgt wurde. Wichtig war uns, neben bekannten Maßnahmen „top down“ ausgehend von der Perspektive der Betroffenen „bottom up“ die Möglichkeiten der niedrigschwelligen Teilhabe am Arbeitsleben unter Einbeziehung der Betroffenen aufzuzeigen.

Die Aktivitäten „unseres Netzwerkes“ mündeten in einer im Dezember 2013 veranstalteten Zukunftskonferenz, deren Ergebnisse wir mit der vorliegenden Dokumentation abbilden wollen. Im Vorfeld wurden in Interviews Betroffene, Arbeitgeber und Experten über positive und negative Erfahrungen mit dem Thema Inklusion in Arbeit befragt. Die Erfahrungen, Kritiken und Anregungen wollen wir Ihnen mit dieser Broschüre zur Verfügung stellen, ebenso die Ergebnisse zum gleichen Thema, die wir auf unserer durchgeführten Zukunftskonferenz – gemeinsam mit Arbeitgebervertretern, Betroffenen und Experten – erarbeitet haben.

Wir hoffen, dass wir über die anregende Darstellung von Positivbeispielen, aber auch Hindernissen die Schwellen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen und sozialen Benachteiligungen abbauen können. Ebenso hoffen wir, dass Arbeitgeber über Kontakte zu unserem Netzwerk den fachlichen Sachverstand der langjährig in den Arbeitsfeldern beschäftigten Experten einholen, um die Teilhabe von schwerbehinderten und sozial benachteiligten Menschen am Arbeitsleben zu erhöhen.

Für die Netzwerkpartner selbst war die Zusammenarbeit sehr fruchtbar und so wollen wir auch – trotz ungeklärter Finanzierungsfragen – unsere Kooperations- und Austauschbeziehungen verstetigen. Auch wenn im Sozialbereich durch Effiziensteigerung, Dokumentationswesen und Kostendruck die zeitlichen Handlungsspielräume allenthalben enger geworden sind.

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Mut – Respekt – Offenheit Vorurteile abbauen

Befragungen betroffener Arbeitssuchender, Arbeitgeber und ExpertInnen

 

Ergebnisbericht und Kernaussagen:

Das Netzwerk Inklusion junger Erwachsener ins Arbeitsleben Marburg befragte insgesamt 33 Personen – davon 17 arbeitssuchende Menschen mit Einschränkungen bzw. solche, die soziale Benachteiligungen erfahren, außerdem 9 Arbeitgeber aus dem unmittelbaren städtischen und regionalen Umfeld sowie 7 ExpertInnen.

Die Interviews umfassten je drei Schlüsselfragen hinsichtlich Inklusion, inklusiver Arbeit bzw. inklusiver Arbeitsplätze.

Die Erwartungen, Ziele und Wünsche zur Thematik betraf eine der Fragen, eine weitere die individuellen Erfahrungen während die dritte nach Zukunftsvorstellungen, -perspektiven und Lösungsansätzen forschte.

Erwartungen, Ziele und Wünsche

Die Gruppe der betroffenen Arbeitsuchenden, die ein breites Spektrum verschiedener Benachteiligungen und Einschränkungen umfasste, nennt generell die Unterstützung bei besonderen individuellen Bedürfnissen, wie etwa Arbeitshilfen u. ä. als ein wichtiges Ziel auf dem Weg zu einer Inklusion heterogener Gruppen von Arbeitsuchenden.

Andere Erwartungen an Inklusion gehen in Richtung mehr sozialer Kompetenz in der Gesellschaft, d. h. es wird vor allem ein Verständnis für die verschiedenen individuellen Bedürfnisse, die Rücksicht auf individuelle Fähigkeiten, z. B. in der Frage der Mobilität, die Wertschätzung für jeweilige Arbeitsleistungen sowie ganz grundsätzlich ein respektvoller, persönlicher Umgang erwartet bzw. eingefordert.

Diese Aussagen der Arbeitsuchenden, die insbesondere die sozialen Umgangsformen ansprechen, werden durch den Wunsch an Arbeitgeber und Arbeitsvermittlungen bekräftigt, Chancen und Perspektiven zu gewähren, durch mehr Offenheit ihnen gegenüber und durch den Mut, ihnen Bewährungszeit mit der Aussicht auf eine Festeinstellung und mehr Gestaltungsspielraum in ihrer Arbeit zuzugestehen. Auch der Wunsch nach Mischarbeitsplätzen wurde in diesem Zusammenhang geäußert.

Arbeitgeber wünschen sich von ihren Mitarbeitern laut Befragungen eine schulische Grundbildung mit oder ohne Abschluss, je nach Tätigkeit. Als Schlüsselqualifikationen werden genannt: Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, sowie gewisse Motivation und Interesse an der jeweiligen Tätigkeit. Qualifikationen sind hier also angesprochen, die die Sozialkompetenz unterstreichen. Dazu erwarten Arbeitgeber die Fähigkeit, sich in ein Team einzugliedern, je nach Branche eine gute Kommunikation (z. B. mit Kunden), sich auf verschiedene Arbeitssituationen einlassen zu können, sich umzustellen, zu integrieren und anzupassen. Selbständiges und genaues Arbeiten wird nach einer bestimmten Anleitungsphase auf unterschiedlichem Niveau gewünscht.

Die Aussagen der ExpertInnen zielen auf zwei Bereiche ab: Zum einen betreffen sie unterstützende Maßnahmen für Arbeitnehmer bei potentiellen Einschränkungen, sowie die Erwartung, dass die Interessen, Fähigkeiten und Lebenssituationen aller Mitarbeiter wahrgenommen und ihnen Perspektiven aufgezeigt werden. Zum anderen orientieren sich die Ziele für mehr inklusive Arbeit der benachteiligten Beschäftigten und Arbeitssuchenden an eine bestimmte Einstellung und Haltung innerhalb der Gesellschaft und ihrer einzelnen Teilgruppen. Im Fokus der Zielsetzungen stehen sowohl die „Vielfalt als Bereicherung“ sowie die Aufhebung der Arbeitsmarktsegmentierung.

 

Die individuellen Erfahrungen

Den zweiten Befragungskomplex widmen die Interviewpartner des Netzwerks konkreten Erfahrungen, positiven wie auch negativen. Das Mut machende Ergebnis hier: der Schwerpunkt insbesondere bei den Aussagen von Arbeitgebern und Arbeitssuchenden liegt auf der positiven Seite. Relativierend ist zu bemerken, dass dabei gerade nicht das Problem von Erwerbslosigkeit im Mittelpunkt steht, sondern reale Arbeits- und Beschäftigungserfahrungen. So sprechen Betroffene von der Unterstützung bei besonderen individuellen Bedürfnissen, berichten z. B. von Offenheit und Wertschätzung, die ihnen entgegen gebracht wird und das Selbstbewusstsein der Befragten bestärkt. Ebenso schätzen diese die Flexibilität von Arbeitgebern und Vermittlungsinstanzen, die Möglichkeit, selbst ihre Kreativität in ihre Arbeit einbringen zu können. Gleichzeitig ist ihnen bewusst, wie wichtig es ist, eine geeignete Beschäftigung und Arbeit  auszuüben, die ihre Karrierechancen verbessert.

Ihre negativen Erfahrungen beschreiben betroffene Arbeitsuchende folgendermaßen: Zum einen fühlen sie sich in ihrer Wahl bezüglich einer Ausbildung oder eines Berufs eingeschränkt und bemängeln fehlendes Zutrauen in ihre Leistungen nach einer Berufsausbildung, auf ihrer Suche nach Arbeit bzw. an der Arbeitsstelle. Außerdem sehen sie sich mit einem schlechten Arbeitsklima konfrontiert, hervorgerufen durch Konflikte mit Kollegen, Mobbing, durch Konkurrenz- und Leistungsdruck und Stress. Aber auch rücksichtsloses Verhalten gegenüber einer Beeinträchtigung gehört zum Repertoire von Erfahrungen. Ein Betroffener beklagt eine Form von Überbehütung und Bevormundung am Arbeitsplatz.

Die befragten Arbeitnehmer ihrerseits heben hervor, dass sie bei den  Beschäftigten einen hohen Grad an Identifikation mit und Motivation zur Arbeit erkennen. Innerhalb eines gewissen zeitlichen Rahmens der Einarbeitung kann ihrer Erfahrung nach die Balance zwischen Unter- und Überforderung gefunden werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, sich selbst an den vorhandenen Ressourcen und nicht an Defiziten allein zu orientieren. Möglichkeiten, einen barrierefreien Arbeitsplatz zu schaffen, werden positiv bewertet sowie die Hilfen, mittels derer sich Arbeitskräfte durch Praktika und spezielle Maßnahmen erproben können.

Vergleichbar den Erfahrungen eines Betroffenen, sieht ein Arbeitgeber bei manchen Eltern ein mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten und Potentiale ihrer Kinder bzw. Jugendlichen, eine Haltung, die er als überbehütend charakterisiert.

Ganz ähnlich wie Arbeitgeber stellen auch Experten ein hohes Maß an Motivation bei potentiellen Arbeitnehmern fest und loben auf der anderen Seite bei Arbeitgebern wie auch Arbeitskollegen Offenheit und Empathie gegenüber den Einschränkungen von Mitarbeitern. Positiv registriert werden zudem eine Reihe von Kompensationsmöglichkeiten bei Benachteiligungen am Arbeitsplatz.

Die Kehrseite der Erfahrungen von Experten ist, dass von Überforderungen und Ängsten vor Veränderungen vor allem bei den Arbeitgebern gesprochen wird sowie von  einer gewissen Selbstüberschätzung bei Beschäftigten. Hinzu kommen die Verdrängungseffekte zwischen erstem und zweitem Arbeitsmarkt (Stichworte: demografischer Wandel, Mangel qualifizierter Arbeitskräfte) und eine schwache Wirtschaftsstruktur im mittelhessischen Raum, die sich unmittelbar auf den Arbeitsmarkt für Menschen mit sozialer und physischer Benachteiligung negativ auswirkt.

Welches sind aus Sicht der Befragten die potentiellen Zukunftsvorstellungen,

-perspektiven und Lösungsansätze?

Die Vorstellungen der Gruppe der Arbeitsuchenden, welche konkreten Problemlösungen es für mehr Inklusion statt des Ausschlusses von benachteiligten Menschen vom Arbeitsmarkt geben könnte, sind stark ausgerichtet auf die bereits vorhandenen Unterstützungsstrukturen. D. h. sie zielen zum einen darauf ab, die existierenden Maßnahmen, Programme und Hilfsstrukturen (z. B. technische Ausstattungen) weiter zu entwickeln, sie stärker noch den individuellen Bedürfnissen anzupassen, zu entbürokratisieren und in die betrieblichen Abläufe einzubinden. Der Begriff der Betriebssozialarbeit wird an dieser Stelle erläuternd verwendet. Es geht dabei vor allem um eine berufliche Teilhabe für alle Arbeitsuchenden, indem zielführende Informationen zugänglich gemacht werden und um professionelle, vernetzte Beratung in Ausbildung und Arbeit nach der schulischen Ausbildung.

Daneben sollte es nach Meinung der betroffenen Arbeitssuchenden aber auch mehr Unterstützung für Arbeitgeber und Betriebe geben, einen Erfahrungsaustausch unter ihnen sowie finanzielle Anreize für die Einstellung benachteiligter Menschen. Auch für eine sogenannte Behindertenquote plädiert ein Interviewpartner.

Nicht zuletzt werden die gesellschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen für die genannten Lösungsvorstellungen beschrieben. So z. B. hält man es für notwendig, die Inklusion in Arbeit und auf dem Arbeitsmarkt mit mehr Offenheit und Flexibilität zu betrachten und enge Zeitrahmen zu lockern, um Gestaltungsräume für individuelle Wege zu eröffnen. Unmittelbar daran ist die Forderung geknüpft, die Fähigkeiten des Einzelnen in den Vordergrund zu rücken anstatt der Defizite.

Naturgemäß argumentieren Arbeitgeber mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten, d. h. dass eine gewisse Produktivität das wesentliche Kriterium und eine wichtige Funktion für die betriebliche Einstellungspraxis darstellt. Die Verantwortlichen von Personalbüros beanspruchen dementsprechend finanzielle Ausgleichszahlungen für den erhöhten Aufwand durch die Begleitung von Mitarbeitern im Arbeitsleben. Diese Sichtweise erscheint übrigens in den Interviewaussagen Zielgruppen übergreifend.

Eine weitere Forderung, die Laufzeiten der Unterstützungsleistungen für Arbeitgeber zu verlängern nämlich, kommt noch dazu.

Wie schon bei den Arbeitsuchenden heißt es auch bei der Arbeitgebergruppe, dass die finanziellen Ausgleichshilfen entbürokratisiert und die Informationswege über Möglichkeiten der Förderung verbessert werden (Stichwort: Infopostfach).

Die ExpertInnengruppe äußert sich auf die gleiche Weise hinsichtlich eines Ausbaus der vorhandenen Unterstützungsstrukturen sowohl für Arbeitgeber als auch für Beschäftigte. Darunter zu verstehen sind die erwähnten finanziellen Anreize engagierter Betriebe, die im wirtschaftlichen Wettbewerb gegenüber Konkurrenten Vorteile gewinnen sollten (mittels Prämien und spezieller Zertifizierung etwa). D. h. es sind konkrete Hilfen denkbar bei der Arbeitsplatzausstattung, bei Probebeschäftigungen und Praktika sowie effizientere Beratungsformen. Im Übrigen könnten wieder mehr niederschwellige Arbeitsplätze geschaffen werden, die im Zuge von Rationalisierungen gerade zu Lasten von Mitarbeitern mit begrenzter Arbeitsleistung gestrichen wurden.

Die Experten fordern einen Perspektivwechsel, der schon in den Betroffenen-Interviews angeklungen war. Sie wollen den öffentlichen Diskurs darüber, wie die inklusive Gesellschaft gestaltet werden und das Ziel einer wertschätzenden Kultur erreicht werden kann. Darüber hinaus sehen sie in der Vernetzung und Kooperation der verschiedenen Akteure, vor allem aufgrund der hier entstehenden Synergieeffekte, ein wesentliches Entwicklungspotential des gesellschaftlichen Inklusionsprozesses.

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Begegnungen während der Zukunftskonferenz Auf Augenhöhe im World Café

 

Ergebnisbericht und Kernaussagen der betroffenen Arbeitsuchenden und der Arbeitgeber

 

Zu Erwartungen, Wünschen, Zielen der Akteure – Wie stellen sich „Betroffene“ den Inklusionsprozess vor?

Die größten Erwartungen werden in die Offenheit gegenüber inklusiven Prozessen gesetzt, d. h. in mehr Flexibilität (etwa in der Arbeitsvermittlung) sowie in die Akzeptanz eigener Einschränkung, in kreative Arbeitsplätze bzw. mehr Möglichkeiten zum selbständigen Arbeiten, dafür jedoch weniger Zeitarbeit. Praktisch gesehen ist in diesem Zusammenhang eine größere Barrierefreiheit grundsätzlich von Bedeutung, d. h. die entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen, u. a. eine geeignete Software und eine angepasste, individuelle Betreuung stehen hier im Blickfeld.

Die  zweite Säule der Aussagen stützt sich auf eine eher normative Ebene von Erwartungshaltungen. So äußern die Teilnehmenden der Konferenz immer wieder den Wunsch, weniger gegen Vorurteile ankämpfen zu müssen, sondern mehr Zutrauen in und mehr Respekt, Wertschätzung und Anerkennung für die geleistete Arbeit zu erhalten. Sie wünschen mehr Normalität und Präsenz in der Öffentlichkeit, eine gute Entlohnung, ein Team auf Augenhöhe und den Abbau von Hierarchien. Werte also, die im Begriff des Perspektivwechsels umschrieben werden. Dazu gehört in der Folge auch trennen zu können zwischen Handicap und Konkurrenz, wenn sich z. B. hierarchische Grenzen auflösen.

Eine dritte Ebene wird in den Diskussionsrunden wiederholt angesprochen, und zwar geht es dabei um Kommunikation, also die Vermittlung von Information rund um die Thematik von Inklusion, um Beratung und Schulung bzw. um grundsätzliche Qualifizierung der Menschen und um die Stärkung ihrer Kompetenzen. Nach Ansicht der Teilnehmenden sollte es darüber hinaus mehr Kooperation zwischen Verwaltungen und pädagogischen Einrichtungen geben, d. h. die Unterstützungsmaßnahmen könnten noch stärker vereinheitlicht und gebündelt „aus einer Hand“ nutzbar gemacht werden. Eine Aussage unterstreicht schließlich die Verbindung zwischen dem wirtschaftlichen Denken und sozialer Intelligenz, d. h. sich wieder zu besinnen auf eine soziale Marktwirtschaft, wie sie ursprünglich gedacht war.

 

Wie erfahren betroffene Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich und die Arbeitswelt?

Auf der Positivliste der realen Erfahrungen von arbeitsuchenden Menschen und Arbeitgebern ganz oben stehen Offenheit in der Kommunikation unter Kollegen, bei Bewerbungen, zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern und dem daraus resultierenden Abbau von Vorurteilen. So bringen die Konferenzteilnehmenden aus ihrer Warte zum Ausdruck, dass ein Umdenken und individuelle Lernprozesse möglich sind und Menschen dazu fähig, sich gegenseitig zu akzeptieren und wertzuschätzen. Die Aussagen dieser Art werden untermauert durch die Erfahrungen von Mut machender Unterstützung, von pragmatischer Hilfe wie der Arbeitsassistenz und der geleisteten Kostenübernahme für Hilfsmittel. Wichtig sind gerade arbeitsuchenden jungen Teilnehmenden die Berufserfahrung generell und der Erfolg bei Herausforderungen - wie z. B. spezielle Arbeitsaufträge (Übersetzungen) auf der Frankfurter Buchmesse. Positiv verbucht ist auch der gegenseitige direkte Austausch während der Zukunftskonferenz.

Im World Café wird auf der anderen Seite auch von immer noch präsenten Vorurteilen berichtet. Tatsächlich leben einige Menschen mit Einschränkungen und Benachteiligungen tatsächlich in einer Art Parallelwelt. Echte Chancengleichheit fehlt in der alltäglichen Praxis. Zu beklagen sind außerdem Situationen, in denen ein Schwerbehinderten-Ausweis keinen Vorteil gewährt oder Menschen aufgrund der Scham der Eltern darauf verwiesen sind, nicht akzeptiert zu werden.

Die Gespräche machen auch deutlich, dass zu wenig berufliche Erfahrungsmöglichkeiten verfügbar sind und der Informationsmangel über benötigte Unterstützungsleistungen sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern schadet. Des Weiteren werden die Instrumente des Kündigungsschutzes und der Arbeitsassistenz zum Teil als Hemmnis erlebt. Aus der Sicht der Teilnehmenden werden Aus- und Weiterbildungen, aber auch Hilfsmittel oft nicht genügend gefördert, wobei im Übrigen Zeitdruck, ein Zuviel an Institutionalisierung und zu hohe Erwartungen an Arbeitgeber eine zusätzliche negative Rolle spielen können.

 

 

Welche Lösungswege bzw. Schritte zur Annäherung an das Ideal einer inklusiven Arbeitswelt gibt es?

Was die Konferenz während der World Café-Diskussion an Lösungsansätzen erbracht hat, spiegelt sich in einem breit aufgestellten Spektrum von Aussagen wider, wobei diese Vielfalt der Antworten und Aussagen bereits in den beiden vorherigen Fragestellungen zu erkennen war.

Die am häufigsten genannten Vorstellungen, um Inklusionsziele zu erreichen, umfassen vorrangig die Formen des sozialen Miteinanders bzw. entsprechende Sichtweisen darüber. Es geht dabei um ein von Gleichwertigkeit geprägtes Menschenbild, auch darum, das herkömmliche Denken zu verändern, insbesondere Vorurteile und die Stigmatisierung von Behinderten und Älteren abzubauen, Barrierefreiheit zu ermöglichen und Inklusion zur eigenen Sache zu machen. Kurzum, es ist die Rede davon, die Normalität von arbeitsuchenden Menschen mit gewissen Einschränkungen anzuerkennen.

Im Speziellen richtet sich die Hoffnung auf diejenigen Arbeitgeber, die mutig und offen genug sind, Menschen mit Benachteiligung einzustellen sowie auf der anderen Seite um initiative, engagierte wie offene Mitarbeiter. Die weiteren gesellschaftlichen, sozialen und kognitiven Veränderungsschritte, die innerhalb der Konferenz empfohlen werden, sind pragmatische, praktische Ideen von einer stärkeren Vernetzung zwischen Arbeitgebern, Bildungs- und Sozialträgern, mehr Arbeitgeber-Schüler-Kontakten, eine unbürokratische Unterstützung der Betriebe sowie die Vorstellung, Hilfsmaßnahmen aus einer Hand durch unabhängige, staatliche Institutionen zur Verfügung zu stellen.

Eine gute Bildung ist ein ebenso wichtiger Ansatz auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft, wozu ganzheitliches Lernen wie auch gute Qualifikationen gehören. Im Kontext von Bildung und Lernen sind außerdem die Chancen zu sehen, Erfahrungen zu sammeln bzw. sich Kompetenzen anzueignen. Weitere Äußerungen verweisen darauf, Teilqualifikationen aufzuwerten und Menschen zu ermutigen, ihre individuellen Stärken zu nutzen. Merkmale inklusiver Arbeit lassen sich auch durch die folgenden Aussagen beschreiben: finanzielle und personelle Unterstützung innovativer Ideen, Projektförderung, unbefristete bzw. längerfristige Arbeitsverhältnisse - mit Blick auf das Spannungsfeld Wirtschaftlichkeit.

Die Flexibilität von Beschäftigung empfiehlt sich ebenfalls nach Ansicht der Teilnehmenden, darüber hinaus ein größerer Sinn für die Realität seitens der Arbeitsvermittlungen, eine bessere Unterstützung bei Arbeitslosigkeit, die Organisation von Bewerberrunden sowie die Entwicklung neuer, weniger starrer Berufsbilder. Weitere Aspekte betreffen die Vorstellung, die eigene Existenzsicherung zu gewährleisten z. B. durch höhere Löhne für die Beschäftigten. Daneben gilt es, Barrieren im Alltags- und im Berufsleben, aber auch technische Hürden zu nehmen, d. h. Barrierefreiheit einzufordern. Einzelne Äußerungen gehen von der positiven Wirkung folgender Ideen aus:

Zum einen sollte das Soziale in der Marktwirtschaft revitalisiert und das „Freikaufen“ von inklusiven Arbeitsplätzen abgeschafft werden, zum anderen müssen auch unsichtbare Behinderungen mit berücksichtigt, die leichte, verständliche Sprache könnte gerade bei Behörden angewendet werden und schließlich sollten anonymisierte Bewerbungen Schule machen.

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Impulsvortrag Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik im Zeitalter der UN-Konvention über die Menschenrechte – UN-BRK – behinderter Menschen

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde, meine Damen und Herren,

gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben ist ein Menschenrecht. Das drückt unzweifelhaft die UN-BRK – in ihren Artikeln 26 und 27 – aus.

Jeder Mensch, ungeachtet von Beeinträchtigungen körperlicher oder seelischer Funktionen oder Strukturen oder sozialer Benachteiligung hat das Recht, im Rahmen seiner Möglichkeiten im Lebensbereich Arbeit und Beruf mitzutun. Das heißt, gleichberechtigt teilzuhaben an einem in unserer Erwerbsgesellschaft äußerst wichtigen Lebensbereich. Dies verschafft die Möglichkeit, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen und unabhängig von öffentlicher Unterstützung zu sein. Das heißt, durch berufliche Tätigkeit Sinnvolles und Erfüllendes zu tun, mit anderen Menschen zu kommunizieren u.v.a.m. Es heißt schlicht: In einer Arbeitsgesellschaft inkludiert und anerkannt zu sein.

Es passt aber überhaupt nicht zu den Forderungen und Ansprüchen der UN-BRK, was die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (BA) am 4. Dezember 2013 verlautete. Während die Arbeitslosigkeit allgemein von September 2010 bis September 2013 um 12 Prozent auf 2,85 Mio. Betroffene sank, stagnierte diejenige der schwerbehinderten Arbeitslosen auf hohem Niveau; genau genommen stieg sie um 0,9 Prozent auf knapp 177.000 Personen. Besonders stark stieg die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Akademiker, nämlich um 22 Prozent auf 7553. Was ist denn da los? Was geht vor am Arbeitsmarkt? Sieht so das Zeitalter der UN-BRK aus? 

Beeinträchtigung wäre keine solche, wenn sie nicht auch im Arbeitsleben behinderte. Zwar ist es richtig, für beeinträchtigte Menschen den Arbeitsplatz zu finden, an dem sie ihre Stärken und Neigungen voll ausagieren können, an dem ihre Beeinträchtigungen möglichst nicht behindern oder kompensiert werden können. Es ist somit die Aufgabe der rehabilitierenden und vermittelnden Einrichtungen,  dieses Ergebnis zu bewirken. Aber Fleiß, Engagement, Leistungsbereitschaft, Qualifikation und Kompetenz müssen auch honoriert werden, siehe oben. Sonst wird die Intention der UN-BRK auf den Kopf gestellt.

Dennoch bleibt angesichts schwerer wiegender Beeinträchtigungen oft eine vorübergehende oder dauerhafte Beeinträchtigung der Produktivität zu konstatieren. Unternehmen befinden sich zumeist im Leistungswettbewerb. Vorübergehend oder dauerhafte geringere Produktivität auszugleichen kann nicht dem einzelnen Unternehmen zur Aufgabe gestellt werden. Dies ist die Pflicht einer solidarischen Gesellschaft mit einer sozialen Marktwirtschaft, vertreten durch die staatlichen Institutionen zur Arbeitsvermittlung, Beratung und Rehabilitation. So werden Betriebe, die beeinträchtigte Menschen beschäftigen, im wirtschaftlichen Wettbewerb gleich gestellt.

Im Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen der Menschen mit Beeinträchtigungen von 2013 zeigen Befragungsergebnisse, dass behinderte und benachteiligte Menschen signifikant öfter als andere unterhalb ihres Qualifikationsniveaus beschäftigt sind, dass sie in vergleichbaren Situationen weniger verdienen und dass ihre Arbeitszeiten geringer sind. Auch dies wiederspricht den Zielen der UN-BRK, solange die beeinträchtigten Personen eine solche Arbeitsgestaltung nicht selbst wünschen im Sinne der Work-Life-Balance.

Um Vorurteilen, Klischees und Unwissenheit gegenüber Arbeit Suchenden mit Beeinträchtigungen zu begegnen, benötigen wir fortgesetzt der Aufklärung und Information. Auch dies ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe, um endlich überwiegend defizitorientiertes Denken angesichts gesundheitlicher oder sozialer Beeinträchtigungen aus den Köpfen zu eliminieren. Wo auch dies wenig nützt, brauchen wir eine durchsetzbare Beschäftigungspflicht der Unternehmen für Menschen mit Beeinträchtigungen mittels einer Ausgleichsabgabe für die Nichtbeschäftigung behinderter Menschen in einer Höhe, die schmerzhaft sein muss.

Das Netzwerk Inklusion junger behinderter oder sozial beeinträchtigter Erwachsener , das diese beeindruckende Zukunftskonferenz veranstaltet, hat im Vorhinein die Erwartungen, Befürchtungen und Wünsche der beeinträchtigten Arbeitnehmer und der mit Personalfragen befassten Vertreter von Unternehmen befragt und eine erstaunliche Übereinstimmung bei den Auskünften, Erwartungen, Wünschen, Einschätzungen und Befürchtungen konstatiert.

Im Rahmen des World-Cafés der Zukunftskonferenz wurde dieser Eindruck bestätigt und vertieft. Das gibt Anlass zur Hoffnung. Einer Hoffnung, die darin besteht, dass man sich zusammen setzen muss, dass Netzwerke wie dieses neue Impulse und Initiativen schafft, dass die, die zusammen gehören, auch zusammen kommen. Die demographische Entwicklung tut ein Übriges, denke ich.

 

Ich wünsche dem Netzwerk weiterhin ein so erfolgreiches Agieren und gute Hoffnung gebende Initiativen.

 

Dr. Heinz Willi Bach

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Speed-Dating: Give me 5 Fazit aus Befragungen und Begegnungen

 

 

Der letzte Programmpunkt der Zukunftskonferenz des Netzwerkes gipfelte in einem „Speed-Dating“, dem direkten Kontaktgespräch im Schnelldurchlauf zwischen arbeitsuchenden jungen Menschen sowie Arbeitgebern aus der Region.

Dabei saßen sich je fünf Vertreter beider Gruppen gegenüber, um im  komprimierten Verfahren innerhalb von fünf bis maximal zehn Minuten Bewerbungsgespräche zu führen. Die Arbeitgeberseite war durch die folgenden Firmen vertreten: Draeger und Lienert, Esstragon, Praxis GmbH, Randstad GmbH, Tegut GmbH.

Das Speed-Dating-Verfahren ermöglicht ein zwar kurzes, jedoch auch effektives, persönliches Kennenlernen innerhalb wechselnder Gesprächsrunden und -konstellationen. Im Vordergrund steht dabei ein direkter Kontakt unter vier Augen und die Chance für beide Seiten, sich innerhalb des spezifischen zeitlichen Rahmens mit mehreren Protagonisten der anderen Seite nacheinander auszutauschen.

Im Falle der Konferenz vom 06.12.2013 konnte eine gute Resonanz auf diese Art „Kontaktbörse“ verbucht  werden, die in nachfolgende und weiterführende, positive Gespräche mündete.

Ein Vergleich der einzelnen Aussagen und Ergebnisse zu den unterschiedlichen Erhebungen, den Interviews verschiedener Zielgruppen zum einen und den Diskussionsrunden in der World Café-Phase während der Zukunftskonferenz auf der anderen Seite lässt eine hohe Übereinstimmung auf der inhaltlichen Ebene erkennen. Dies ist nicht verwunderlich, da die angesprochenen Themen und die Fragestellungen selbst identisch waren. Auch saßen sich dieselben Zielgruppen gegenüber.

Die Unterscheidungen lagen allerdings in den jeweiligen Arrangements sowie in den Intentionen, d. h. die Befragungen fanden innerhalb von Einzelgesprächen statt, das World Café in Gruppen von fünf bis sieben Personen. Hier stand außerdem im Vordergrund, die beiden Gruppen der Arbeitsuchenden und der Arbeitgeber unter Anleitung direkt miteinander ins Gespräch zu bringen und einen Raum der Begegnung, der Kommunikation und Interaktion zu schaffen.

Die Befragungen zuvor hatten dagegen den Sinn, grundlegendes Wissen über Erfahrungen und Zielsetzungen der verschiedenen Akteure im Inklusionsprozess zu generieren und dieses für eine produktive Netzwerkarbeit wiederum im Austausch mit den angesprochenen Gruppen nutzbar zu machen.

Die engen Verzahnungen und Überschneidungen der Ergebnisse sind bereits in der Themenstellung des Fragebogen-Leitfadens bzw. der Moderationsfragen des World Cafés angelegt, was dem Umstand geschuldet ist, dass sich Antworten über Fragen nach Erwartungen und Wünschen sowie nach den jeweiligen Erfahrungen und den Lösungsideen bzw. -perspektiven zum Teil mischen, d. h. dass die drei Fragestellungen nicht immer scharf voneinander getrennt beantwortet wurden.

Aus den Befragungen und Begegnungen auf der Konferenz geht hervor, dass es Barrieren gibt, die erkannt und nur in Zusammenarbeit überwunden werden können und sollen. Experten unterstützen hier die gemeinsamen Anstrengungen der Arbeitsuchenden und Arbeitgeber.

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Inklusion – da geht noch mehr ...

Inklusion ist in aller Munde: Für Kindergärten und Schulen, Einrichtungen der Behindertenhilfe werden entsprechende Konzepte entwickelt, soziale Institutionen, Träger und Behörden führen nachhaltige Projekte durch. Bei der Integration in Beschäftigung und Arbeit gibt es jedoch nach wie vor wenig Fortschritte und das mit entsprechenden Folgen: In der Arbeitsgesellschaft nicht erwerbstätig zu sein oder keine allgemein anerkannte Tätigkeit  auszuüben führt sehr schnell zum sozialen Ausschluss; spätestens nach der dritten Frage im Kennenlern-Gespräch kann es unangenehm werden, denn die Frage:  „Was machst Du?“ meint in aller Regel „Was und wo arbeitest Du?“. Solche Erfahrungen haben oftmals sozialen Rückzug und Isolation als Folge, was wiederum entsprechende psychosoziale und auch ökonomische Folgekosten nach sich zieht.

Woran liegt es, dass Menschen mit Behinderungen und/oder sozialen Benachteiligungen, guten Qualifikationen, hoher Motivation und guten Kenntnissen der unterstützenden Infrastruktur durch die verschiedenen Behörden (siehe Referat von Herrn Dr. Bach) dennoch einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt haben? Sind es überhöhte Erwartungen seitens der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer? Arbeitgeber erwarten von Arbeitnehmern  „...dem Aufgabengebiet  angemessene  Qualifikation“ sowie  „soziale Kompetenzen“ - Arbeitnehmer möchten eine Chance, sich zu bewähren und dass ihre individuellen Fähigkeiten in den Vordergrund gestellt werden (so zwei zentrale Ergebnisse der Leitfrageninterviews aus der Netzwerkarbeit). Nichts, was nicht den ganz alltäglichen Erwartungen an Menschen im Arbeitsleben, ob mit oder ohne Behinderung, entspräche.

Zum ökonomischen und sozialen Nulltarif ist inklusive Arbeit für alle nicht zu haben: Engagement auf beiden Seiten sowie die Offenheit für (noch) unbekannte Situationen sind geboten. Auf Arbeitgeberseite bedarf es der Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Arbeitnehmers, z.B. die Begleitung durch Arbeitsassistenzen oder besondere Anpassungen von Arbeitsmitteln (für die es teilweise entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten gibt) sowie durch die Bereitschaft, auf allen Hierarchieebenen offen zu kommunizieren. Von Seiten der Arbeitnehmer ist es wichtig, eigene Ideen und Möglichkeiten im Umgang mit den eigenen Beeinträchtigungen  offen anzusprechen - hierfür muss auf beiden Seiten ein hohes Maß an sozialer Kompetenz entwickelt werden.

Die Zukunftskonferenz hat Eines ganz sicher gezeigt: die Erwartungen, Wünsche und Ziele von Arbeitnehmern, ob mit Behinderung und/oder sozialen Benachteiligungen und die Wünsche und Erwartungen der Arbeitgeber lassen sich zur Passung bringen.

Inklusive Arbeit, im Sinne guter Arbeit für alle, ist machbar!

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Inklusion – mutig in die nächste Dimension Perspektiven des Netzwerks

 

Die Mitglieder des Netzwerks Inklusion vereint das Ziel, Menschen mit Behinderungen und/ oder sozialer Benachteiligung in Ausbildung und Beschäftigung zu vermitteln, zu begleiten oder Unterstützung zu gewähren. Gemeinsam verhelfen sie ihnen zu Teilhabe an der Gesellschaft durch Teilhabe am Arbeitsleben. Sie stehen als Expertinnen und Experten den benachteiligten Menschen zur Seite und haben gute Kontakte zu Arbeitgebern. Eine zentrale Botschaft der Interviews und Begegnungen in der Zukunftskonferenz ist, dass viele gegenseitige Erwartungen der Arbeitsuchenden und der Arbeitgeber deckungsgleich sind. Das Netzwerk stellt sich in Zukunft daher verstärkt der Aufgabe, die Barrieren in den Köpfen aller Beteiligten zu überwinden.

Das Netzwerk wirbt gemeinsam für eine ressourcen-, und zukunftsorientierte Sicht auf Arbeitsuchende mit Behinderungen und/ oder sozialen Benachteiligungen. Seine Mitglieder klären Arbeitgeber, Arbeitsuchende und die breite Öffentlichkeit über die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten inklusiver Arbeit auf. Sie stärken benachteiligte Menschen in ihrer Motivation, ihre Fähigkeiten am Arbeitsplatz einzubringen und unterstützen Arbeitgeber darin, behinderten und/ oder benachteiligten Menschen Perspektiven in Ausbildung und Beruf zu eröffnen. Sie setzten sich für eine weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Unterstützung benachteiligter Menschen im Arbeitsleben ein.

Das Netzwerk ist offen für alle Arbeitgeber in der Region. Es wird Kontakt zu den neu eingesetzten Inklusionsbeauftragten der Kammern aufnehmen und auf diese Weise die Schnittstellen zu den Vernetzungsstrukturen der Arbeitgeber durchlässiger gestalten. Neben Aufklärung und Werbung für inklusive Arbeit kann insbesondere das Wissen um die regionale Unterstützungsstruktur zu einer noch höheren Bereitschaft und erhöhtem Interesse an inklusiver Arbeit auf Seiten der Arbeitgeber führen. Die befragten Arbeitnehmer und Arbeitgeber wünschen genau diese Bündelung und Bereitstellung des Wissens als eine Aufgabe des Netzwerks.

Die Mitglieder des Netzwerks wollen ihre vernetzte Zusammenarbeit weiter pflegen, ausbauen und vertiefen,

          um das gemeinsame Wissen für die individuelle Beratung und Begleitung zu erweitern und zugänglich zu machen,

          um die regionale Unterstützungsstruktur allen zugänglich zu machen, sie auszubauen und zu festigen,

          um gemeinsam über die Möglichkeiten inklusiver Ausbildung, Berufsorientierung und Beschäftigung aufzuklären,

          um Unternehmen den Zugang zu Fachkompetenzen von schwerbehinderten und benachteiligten Menschen zu öffnen,

          um auf der Grundlage ihrer Erfahrungen gemeinsam die Normalität von Vielfalt in die Arbeitswelt zu tragen,

          um den Wandel hin zu einer inklusiven Gesellschaft zu unterstützen,

          um den behinderten und/ oder sozial benachteiligten Menschen in der Region Lebensperspektiven durch Teilhabe am Arbeitsleben zu eröffnen.

 

Die Mitglieder des Netzwerks arbeiten weiter gemeinsam an der Überwindung von tatsächlichen und gefühlten Barrieren. Sie unterstützen Menschen mit Behinderung und/ oder sozialer Benachteiligung wie auch Arbeitgeber darin, mutig, respektvoll und offen aufeinander zuzugehen und Vielfalt im Arbeitsleben zum Wohl des Betriebes wie der Gesellschaft zu (er-)leben.

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Anhang und Materialsammlung

Fragebogen-Leitfaden für die offenen Befragungen/ Interviews des Netzwerks Inklusion junger Erwachsener

 

Thema:

Verstärkung/Förderung inklusiver Arbeit für junge Erwachsene in Marburg

 

 

Befragungen von:        

A.        betroffenen Zielgruppen in einfacher Sprache

B.        Arbeitgebern

C.        ExpertInnen/Kooperationspartner­Innen/Lehrkräften

 

 

Leit-Fragestellungen zum Thema „inklusive Arbeit“

I.          Wünsche, Erwartungen, Ziele

II.        Erfahrungen, zuerst positive, danach negative

III.       Lösungsideen, konkrete Vorstellungen zu einer positiven Veränderung

Spezielle Fragevorschläge je nach Befragungsgruppe (Gedächtnisstützen):

 

Zu A. I.

          Was wollen Sie arbeiten? Wo?

          Wie hätten Sie Ihre Arbeitsstelle gerne, wenn Sie es sich aussuchen könnten?

          Was erwarten Sie von Ihrem Arbeitgeber?

          Wie nah muss die Arbeitsstelle am Wohnort sein?

 

II.

          Welche Erfahrungen haben Sie mit Arbeit? Was hat Ihnen gut gefallen, was nicht?

          Wie viele Stunden pro Tag,  wie viele Tage pro Woche können Sie arbeiten?

          Geben Sie Ihre Benachteiligung/ Behinderung beim Arbeitgeber an?

 

III.

          Brauchen Sie Hilfsmittel für Ihre Arbeit?

          Welche Unterstützung/ Begleitung brauchen Sie für die Arbeit, damit Sie die Arbeit tun können? Was könnte Ihnen die Arbeit leichter machen?

 

Zu B. I.

          Wie sieht Ihr/e ideale/r Arbeitnehmer/in für einen typischen Arbeitsplatz bei Ihnen aus?

          Welche Arbeitsleistungen und Kompetenzen erwarten Sie von einer/m schwerbehinderten bzw. sozial benachteiligten ArbeitnehmerIn? Welche Anforderungen muss diese Person mindestens erfüllen?

 

II.

          Haben  Sie Erfahrungen in Ihrem Betrieb/ Unternehmen/ Ihrer Behörde mit inklusiver Arbeit, d. h. mit der Beschäftigung schwerbehinderter bzw. sozial benachteiligter junger Menschen? Welche haben Sie gemacht?

          Kennen Sie Programme und Maßnahmen zur  Unterstützung inklusiver Arbeit? Waren sie hilfreich für Ihren Betrieb/ Ihr Unternehmen?

 

III.

          Unter welchen Umständen können Sie sich vorstellen, (mehr) Arbeitsplätze für diese Zielgruppe einzurichten?

          Welchen Anreiz könnten Unterstützungsmaßnahmen für Sie schaffen?

          Würden Sie einen unverbindlichen Praktikums- bzw. Probearbeitsplatz zum Kennenlernen einer/s möglichen Mitarbeiter/in/s zur Verfügung stellen?

 

Zu C. I.

          Wie stellen Sie sich einen idealen inklusiven Arbeitsplatz vor?

          Was kann von Seiten der Arbeitgeber erwartet werden, um mehr Beschäftigung/ Arbeitsangebote für die Zielgruppe zu erreichen?

 

II.

          Was sind Ihre Erfahrungen bezüglich inklusiver Arbeit?

          Was brauchen Ihrer Erfahrung nach Arbeitgeber, um mehr inklusive Arbeit zu ermöglichen?

 

III.

          Wie können (neue) Anreize für potentielle Arbeitgeber geschaffen werden, die zu mehr inklusiver Arbeit führen?

          Was können die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Programme aus dem Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung von 2011 dazu beitragen?

          Welche zielführenden Strategien und Aktivitäten gibt es, um Inklusion stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und der lokalen/ regionalen Wirtschaft zu bringen, die sich in konkrete Maßnahmen überführen lassen?

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Netzwerkpartner

 

Der PARITÄTISCHE Hessen

Region Mittelhessen

Iris Demel

Regionalgeschäftsführerin

Tel. 06 41 / 98 44 45-0, Fax -19

Bahnhofstr. 61

35390 Gießen

giessen@paritaet-hessen.org

www.paritaet-hessen.org

 

 

Agentur für Arbeit Marburg

Heike Scheffler

Arbeitsvermittlerin Reha/SB

Afföllerstraße 25

35039 Marburg

Telefon: 0 64 21 / 605 136 | Fax: -499

Heike.Scheffler3@arbeitsagentur.de

www.arbeitsagentur.de

 

 

Arbeit und Bildung e.V.

Krummbogen 3

35039 Marburg

Tel.: 0 64 21 / 96 36-0

info@arbeit-und-bildung.de

www.arbeit-und-bildung.de

 

 

Integrationsfachdienst

Volkhard Wolff

Tel.: 0 64 21 / 685 13 13

wolff@arbeit-und-bildung.de

Biegenstraße 44

35037 Marburg

 

 

Fachdienst Soziale Leistungen der

Universitätsstadt Marburg

Projekt Raus ins Leben

Heike Klewinghaus

Friedrichstr. 36

35037 Marburg

Tel.Nr.: 06421-201 514

heike.klewinghaus@marburg-stadt.de

www.marburg.de/rausinsleben

 

Fachdienst Soziale Leistungen der

 Universitätsstadt Marburg

Behindertenhilfe

Kerstin Hühnlein

Friedrichstr. 36

35037 Marburg

Tel. Nr.: 06421-201 525

kerstin.huehnlein@marburg-stadt.de

www.marburg.de/menschen-mit-behinderung

 

 

Landkreis Marburg Biedenkopf

Fachbereich Familie, Jugend und Soziales

Im Lichtenholz 60

35034 Marburg

 

 

KreisJobCenter – Kommunales Jobcenter

Rehabilitationsabteilung

Arnd Kossel

Tel.: 0 64 21 / 405-7126 | Fax: -7200

KosselA@marburg-biedenkopf.de

Raiffeisenstraße 6

D-35043 Marburg

www.kreisjobcenter.marburg-biedenkopf.de

 

 

Diana Hartgen

Kölnische Straße 30

34117 Kassel

Tel.: 05 61 / 10 04 22 27 | Fax: -2650

diana.hartgen@lwv-hessen.de

www.lwv-hessen.de

 

 

JUKO Marburg e.V.

Claudia Bickel

Koordination Jugendkompetenznetzwerk

Qualitätsbeauftragte

Tel.:  0 64 21 / 307 80 63 | Fax: -80

bickel@juko-marburg.de

Neue Kasseler Str. 3

35039 Marburg

www.juko-marburg.de

 

 

Deutscher Verein der Blinden und

Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V.

Dr. Heinz Willi Bach

info@dvbs-online.de

Tel.: 0 64 21 / 9 48 88-0

Frauenbergstraße 8

35039 Marburg

www.dvbs-online.de

 

 

Reha-Beratungszentrum der

Deutschen Blindenstudienanstalt e.V.

Ute Mölter

Tel: 0 64 21 / 60 65 00

rehaberatung@blista.de

Biegenstrasse 20 ½

35037 Marburg

 

 

Gemeinsam leben Hessen e.V.

Anke Koch-Röttering

Tel. 0 64 20 / 65 21

anke@roettering.net

 

 

EX-IN Hessen e.V.

Andreas Jung (Marburg)

Vorsitzender, Koordinator, Genesungsbegleiter

 jung-marburg@web.de

www.ex-in-hessen.org

Tel.: 0 64 21 / 62 04 74

 

 

AIDS-Hilfe Marburg e.V.

Cornelia Schlerf

Tel.: 0 64 21 / 6 45 23 | Fax: 62 4 14

schlerf@aids-hilfe-marburg.de

Bahnhofstr. 27

35037 Marburg

 

 

Sozialverband VdK Hessen-Thüringen

Bernd Duve-Papendorf

Tel.: 06421-8090410

Mail: bernd.duve@vdk.de

Bezirksbeauftragter für Barrierefreiheit

Ortsverband Marburg

Haselhecke 10

35041 Marburg

ov-marburg@vdk.de

 

 

Verein zur Förderung der Inklusion

behinderter Menschen – fib e.V.

Naxina Wienstroer

Tel.: 0 64 21 / 1 69 67 11

naxina-wienstroer@fib-ev-marburg.de

Am Erlengraben 12a

35037 Marburg/Lahn

www.fib-ev-marburg.de

 

 

Integral GmbH

Katja Eckhardt

Tel. 0 64 21 / 98 54 25

K.Eckhardt@integral-online.de

Kasseler Straße 70

35091 Cölbe

 

 

gefördert von

Aktion Mensch

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