Die 1950er Jahre

Sozialgesetze und Anwerbeabkommen

Während auf Bundesebene die CDU/CSU-Fraktion eine Koalition mit der FDP und der rechtsgerichteten Deutschen Partei (DP) bildet – mit Konrad Adenauer als Bundeskanzler und Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister –  kann bei den ersten Landtagswahlen in Hessen die SPD alleine die Regierung bilden. Georg-August Zinn wird 1950 Ministerpräsident und bleibt es bis 1969.

Der Paritätische wirkt unter anderem mit am Zustandekommen des hessischen Gesetzes über die Gewährung von Pflegegeld an „Zivilblinde“ (1950) mit. Das Blindengeld in Höhe von 75 DM monatlich soll besondere Aufwendungen decken und Nachteile gegenüber sehenden Menschen ausgleichen helfen.
Der Landesverband engagiert sich in der 1946 gegründeten „Arbeitsgemeinschaft der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen“ und ist zudem sehr aktiv in der Arbeitsgemeinschaft für Gefangenen- und Haftentlassenenfürsorge in Hessen. Im November 1951 wird bei einer Tagung von Vertretern der Paritätischen Landesverbände in Frankfurt zudem die Gründung einer verbandseigenen Arbeitsgemeinschaft für Erziehungs- und Jugendfragen auf Bundesebene initiiert.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung steigt der Bedarf an Arbeitskräften. 1955 schließt die Bundesrepublik mit Italien das erste Anwerbeabkommen, das den befristeten Arbeitsaufenthalt ausländischer Arbeitnehmer als so genannte Gastarbeiter regelt. Es folgen weitere Abkommen unter anderem mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal, Südkorea, Tunesien und zuletzt Jugoslawien. Bis 1963 steigt die Zahl der Gastarbeiter in Hessen auf 87.000. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe sind die rund 30.000 Gastarbeiter aus Italien.

Zu den wichtigen Sozialgesetzen, die in den 1950er Jahren beschlossen werden, gehört das Gesetz über die Fürsorge für Körperbehinderte und von einer Körperbehinderung bedrohte Personen. Mit dem sogenannten Körperbehindertenfürsorgegesetz (KBFG) von 1957 wird endlich auch der abwertende Begriff „Krüppel“ offiziell durch den Begriff „Körperbehinderter“ abgelöst. Eine weitere wichtige Neuerung ist die Rentenreform. Die Anpassung der Renten an das Lohnniveau soll viele alte Menschen aus der Armut holen. 1956 wird die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Das Gesetz über den zivilen Ersatzdienst wird 1960 folgen.

Am 1. Juli 1958 tritt das „Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts" in Kraft. Eine umfassende Gleichberechtigung steht jedoch weiterhin in den Sternen. Zwar darf eine Frau beispielsweise jetzt auch gegen den Willen ihres Mannes arbeiten – allerdings nur, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist". Erst 1977 wird eine erneute Reform des Ehe- und Familienrechts diese Formulierung ablösen. Dann heißt es: „Die Ehegatten regeln die Haushaltsführung im gegenseitigen Einvernehmen."

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Im Januar 1957 wird Paul Krahé (Foto oben), Mitbegründer der im Friedensdienst aktiven Nothelfergemeinschaft der Freunde e. V., neuer Vorsitzender des Paritätischen Landesverbands. Er hat gleichzeitig auch das Amt des Geschäftsführers inne. Stellvertretende Vorsitzende sind Dr. August Oswalt und Oberin Berta Meister. Therese Edenweger und Kurt Göbel, Direktor der Frankfurter Stiftung Versorgungshaus und Wiesenhüttenstift und seit 1949 Erster Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands,  werden in Anerkennung ihrer Leistungen beim Aufbau des Paritätischen zu Ehrenmitgliedern des Landesverbands ernannt.   

Im Februar 1958 bezieht der Landesverband die Geschäftsstelle im Frankfurter Grüneburgweg 69 (Foto oben). Im Haus des DPWV hat auch der Gesamtverband seinen Sitz.