„Ich fühle mich reich beschenkt“

Kyra Dreher ist ehrenamtliche Hospizbegleiterin

Kyra Dreher wohnte 2006 in Würzburg gegenüber von einem Altenheim. Wenn dort jemand starb, musste der Wagen des Bestattungsinstituts in die Tiefgarage fahren: Vom Thema Tod sollte das Umfeld möglichst nichts mitbekommen. Diese Erfahrung bewegte die junge Frau. „Ich wollte dazu beitragen, dass Sterben und Tod in unserer Gesellschaft nicht mehr so tabuisiert werden. Sterben ist das Natürlichste, das es gibt, wird aber in unserer Gesellschaft nicht so behandelt.“ So begann sie vor 15 Jahren, mit Mitte 30, eine Ausbildung als ehrenamtliche Hospizbegleiterin. Wichtig war dafür auch eine andere Erfahrung: „Ich hatte zuvor erlebt, wie meine Großmutter gestorben ist. Das hat mir die Angst vor dem Sterben genommen.“

Zwei Menschen begleitet Kyra Dreher in der letzten Lebensphase bis zum Tod. Dann beginnt für sie selbst ein neuer Lebensabschnitt: Sie zieht aus beruflichen Gründen nach Frankfurt und wird Mutter. Ihr Ehrenamt kann sie aus zeitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Bis Corona und der Lockdown kommen. Die Nachrichten über Menschen, die einsam sterben, gehen Kyra Dreher unter die Haut. Sie ist inzwischen Geschäftsführerin beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Engagement beansprucht. Aber sie will sich irgendwie Zeit nehmen, um Menschen am Lebensende beizustehen. Kyra Dreher macht beim Bürgerinstitut noch einmal einen qualifizierten Vorbereitungskurs als Hospizbegleiterin, „weil sich in den vergangenen 15 Jahren glücklicherweise doch viel im Bereich der Hospizbegleitung und Palliativversorgung bewegt hat“, und begleitet nun seit einem Jahr eine alleinstehende Frankfurterin, die schwer an Krebs erkrankt ist, aber noch in ihrer eigenen Wohnung leben kann. „Manchmal besuche ich sie, häufiger noch telefonieren wir. Und wir witzeln und lachen gemeinsam. Aber natürlich gehört es auch dazu, schwere Gefühle auszuhalten“, sagt die 49-Jährige. Im vorigen Sommer waren die beiden im Schmetterlingshaus im Palmengarten. „Es war sehr schön für mich zu erleben, wie berührend die Begegnung mit diesen zarten Tieren für die ältere Dame war. In diesem Moment fühlte ich mich reich beschenkt.“

Die ehrenamtliche Hospizarbeit ist für Kyra Dreher eine sehr sinnstiftende und bereichernde Tätigkeit.“ Sie ist überzeugt: Wenn Menschen wissen, dass am Lebensende gut für sie gesorgt ist, dass sie schmerzfrei und in Geborgenheit sterben können, dann kann ihnen das auch den Loslösungsprozess erleichtern. Und nicht selten gewinnen die Schwerkranken auch noch einmal neue Lebenskraft. Zum Beispiel, wenn durch Vermittlung des Hospizdienstes ein spezialisiertes ambulantes Palliativteam für eine Linderung der Symptome und eine bessere medikamentöse Behandlung sorgt. Das kann die Lebensqualität enorm verbessern.   

Kyra Dreher ist eine von 35 ehrenamtlich Engagierten des ambulanten Hospizdienstes, den das Bürgerinstitut 2002 ins Leben gerufen hat. Besonders geschulte Ehrenamtliche begleiten die Menschen im Leben und Sterben. Unterstützt wird deren Tätigkeit durch die fachliche Beratung und den kontinuierlichen Austausch mit den hauptamtlichen Hospiz- und Palliativ-Fachkräften des Hospizdienstes im Bürgerinstitut sowie durch Supervision.

„Neben der umfassenden Beratung und Begleitung der Betroffenen ist uns auch wichtig, die pflegenden Angehörigen zu unterstützen, die oft an die Grenzen ihrer Kraft kommen“, sagt Anette Rehor, Leiterin des Hospizdienstes und der Palliativberatung.

Hospize im Paritätischen

Neben zahlreichen ehrenamtlichen ambulanten Hospizberatungsdiensten oder Palliativteams und Palliativstationen in Altenpflegeeinrichtungen gibt es im Paritätischen Hessen zwei stationäre Hospize, eines gehört zur Mitgliedsorganisation Heilhaus Kassel und das Hospiz Kellerwald zu unserer Tochtergesellschaft Paritätische Projekte gGmbH.

Die Geschichte des Frankfurter Bürgerinstituts

Das Frankfurter Bürgerinstitut entstand 1899 auf Initiative des sozial engagierten Unternehmers Wilhelm Merton und des Instituts für Gemeinwohl unter dem Namen „Centrale für private Fürsorge“. In einer Zeit wachsender Armut und Not sollte es dazu beitragen, die auf verschiedene private und kommunale Stellen verteilte Hilfe für bedürftige Menschen effizienter zu organisieren und zu professionalisieren. Dabei bringt sich die Centrale auch selbst mit einem breiten Angebot in der sozialen Arbeit und Hilfen für Bedürftige ein.

Nach der Auflösung in der NS-Zeit wird die Centrale 1945 neu gegründet und nimmt mit ihrer vielfältigen sozialen Arbeit eine wichtige Rolle in der Stadt ein. Wärmestuben und ein Hauspflegedienst für kranke Menschen gehören dazu, ebenso Nachbarschaftshilfen, viele Angebote für alte Menschen und Angebote der Jugendfürsorge. In den 1960er Jahren wandelt sich das Angebot immer stärker von der Fürsorge zur Sozialarbeit. Es kommen auch psychologische und pädagogische Beratung hinzu. Diese Weiterentwicklung spiegelt sich auch in der Namensänderung wider. Mitte der 1970er-Jahre benennt sich die Centrale zum 75-jährigen Jubiläum um in „Institut für Sozialarbeit e.V.“

Der 2005 gewählte neue Name „Bürgerinstitut“ ist Programm für das heutige Profil einer der ältesten privaten gemeinnützigen Einrichtungen Frankfurts: Alle sozialen Projekte werden im Wesentlichen aus der Bürgerschaft Frankfurts getragen. Wesentliche Schwerpunkte der Arbeit liegen bei allen Fragestellungen rund ums Älterwerden in Frankfurt und dem bürgerschaftlichen Engagement.

Die Internetseite des Frankfurter Bürgerinstituts finden Sie hier.