Neues Jahrtausend mit neuen Herausforderungen

Gegen neoliberales Denken und wachsende Profitorientierung

Auch im neuen Jahrtausend vertritt der Paritätische Hessen die Interessen der Mitgliedsorganisationen und deren Zielgruppen in vielen Bereichen – seien es Pflege- und Gesundheitsreform, die Reform der Arbeitsmarktpolitik, Migrations- und Flüchtlingspolitik oder die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Massive Einschnitte ins soziale Netz, die mit der Agenda 2010 einhergehen, und neue gesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise erfordern eine stärkere Vernetzung mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Der Verband knüpft vermehrt Kooperationen und Netzwerke und steigt gemeinsam mit dem Gesamtverband in die Kampagnenarbeit ein. Er will auf Veränderungsprozesse nicht nur reagieren, sondern diese auch mitgestalten. Es gilt, neoliberalem Denken und wachsender Profitorientierung im Sozial- und Gesundheitswesen entgegenzutreten. Denn diese führen nicht zu einer besseren Versorgung der Bevölkerung mit sozialen Dienstleistungen, sondern zu Ausgrenzung und zur immer stärkeren sozialen Spaltung.

2001 setzt der Landesvorstand eine Arbeitsgruppe ein, die ein Regionalisierungskonzept entwickelt. Die Präsenz in der Region wird mit weiteren hauptamtlich besetzten Geschäftsstellen in Wiesbaden und Fulda sowie Gießen verstärkt. Die Geschäftsstellen sind sowohl Anlaufstellen für die Mitgliedsorganisationen als auch Orte für vielfältige Aktivitäten und Begegnungen. Auf regionaler Ebene wird das Angebot an Beratung und Workshops ausgebaut, aber auch sozialpolitische Aktionen finden verstärkt statt.

Leitbild formuliert
Nach einer breit angelegten dreijährigen Diskussion innerhalb des Verbands verabschiedet die Mitgliederversammlung 2001 das Leitbild des Paritätischen.

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„Operation Sichere Zukunft“
Mit dem beschönigend als „Operation Sichere Zukunft“ bezeichneten Sparpaket holt die hessische Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU) 2003 zum Kahlschlag in der sozialen Arbeit aus. Der Paritätische und viele andere Organisationen reagieren mit Demonstrationen, Unterschriftenaktionen und Protesten, können aber nicht abwenden, dass sie ihre Angebote häufig zusammenstreichen oder ganz einstellen und Personal entlassen müssen.

 

Landesgeschäftsstelle modernisiert
Die Landesgeschäftsstelle an der Körnerwiese wird ab 2004 bei laufendem Betrieb renoviert und modernisiert. Das Erdgeschoss wird zur Konferenz-Etage, die auch Raum für Veranstaltungen von Mitgliedsorganisationen bietet. Bei einem Tag der offenen Tür im September 2005 wird die „neue“ Geschäftsstelle präsentiert.

 

Gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Mit dem Jahresthema „Gegen Armut und soziale Ausgrenzung – für Kultur und Teilhabe“ macht der Paritätische 2010 deutlich: Armut ist nicht nur Einkommensarmut und Unterversorgung mit den notwendigsten materiellen Gütern, sie geht auch mit Ausgrenzung und einem Mangel an Teilhabechancen und Möglichkeiten zur persönlichen Verwirklichung sowie kreativer Entfaltung einher.

Abschied und Willkommen
Im November 2008 wählt die Mitgliederversammlung Dr. Wolfgang Werner vom Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg zum neuen Vorsitzenden des Landesvorstands. Anne Franz, die dieses Amt von 1996 an innehatte und dem Landesvorstand bereits seit 1984 angehörte, wird zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Für ihr Lebenswerk wird sie 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt.

 

Neues Erscheinungsbild
Ein rotes Gleichheitszeichen in einem blauen Rahmen wird 2007 das neue Logo des Paritätischen auf Bundes- und Landesebene. Es steht für die Gleichwertigkeit von Ungleichem, für das Recht auf gleichen Respekt und gleiche Chancen. Der Landesverband Hessen führt eine weitere grafische Neuigkeit ein: Seine Publikationen ziert jetzt eine blaue Welle, die sinnbildlich für Bewegung, Erneuerung und Dynamik steht.

Der Zivildienst endet
Mit dem Ende der Wehrpflicht im Jahr 2011 endet auch der Zivildienst. Viele Mitgliedsorganisationen stellt der Verlust der Zivis vor große Herausforderungen. Der neue Bundesfreiwilligendienst kann einiges kompensieren, ist jedoch mit einem erhöhten Bedarf der Mitgliedsorganisationen an Beratung und Begleitung verbunden. Auch die Zahl der Teilnehmenden am Freiwilligen Sozialen Jahr steigt deutlich.

Schutz vor sexualisierter Gewalt
Gemeinsam mit dem Paritätischen Gesamtverband entwickelt der Landesverband Hessen 2011 eine Arbeitshilfe mit dem Titel „Schutz vor sexualisierter Gewalt in Diensten und Einrichtungen“, um die Sensibilität für Grenzverletzungen und Machtmissbrauch in Einrichtungen zu schärfen.

Wohnen ist ein Menschenrecht
Explodierende Mieten machen es für immer mehr Menschen unmöglich, in hessischen Städten zu wohnen – nicht nur für Menschen in prekären Lebenslagen, sondern auch für Menschen mit mittlerem Einkommen. Träger sozialer Einrichtungen sind ebenso betroffen. Oft müssen die Menschen, die sie betreuen, viel länger in der Einrichtung bleiben, weil sie keine Wohnung finden: Frauen in Frauenhäusern zum Beispiel oder Haftentlassene, aber auch Geflüchtete.

Der Paritätische Hessen stößt 2018 das Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen an. Mehr als 40 Mieter*innen-Vereine und Initiativen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Studierenden-Vertretungen und andere schließen sich zusammen. Zu einer Demo eine Woche vor der Landtagswahl kommen 8.000 Menschen nach Frankfurt. Sie fordern unter anderem mehr sozialen Wohnungsbau.

 

Unterstützung für Kitas
Mit landesweiten Massenprotesten, der Kampagne „Kifög – so nicht! Kita-Qualität im Sinkflug“ und der größten Petition, die es je in Hessen gab, erreichen der Paritätische und seine Kollegialverbände, Erzieher*innen und Eltern einige wichtige Änderungen am Entwurf der Landesregierung für das Kinderförderungsgesetz, das 2014 in Kraft tritt. Inklusion, interkulturelle Pädagogik, Personal- und Qualitätsentwicklung sowie Kinderschutz sind Schwerpunkte in der Beratung, in Fachvorträgen und von Arbeitshilfen, die das Netzwerk Paritätische Fachberatung Kita seit Beginn des Jahres 2015 für Kitas und deren Träger anbietet. Zunächst als Modellprojekt für drei Jahre angelegt, trägt es bis heute dazu bei, die Qualität in den Kindertageseinrichtungen weiterzuentwickeln.

 

Sozialpolitische Herausforderungen
2015 steigt die Zahl der Menschen, die vor Kriegen und Konflikten nach Deutschland flüchten, stark an. Um Mitgliedsorganisationenstärker in ihrer Arbeit mit geflüchteten Menschen zu unterstützen, startet der Paritätische Hessen 2016 das Projekt Flucht und Asyl.

 

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird Ende 2016 im Bundestag verabschiedet. Der ursprüngliche Entwurf ist nach massiven Protesten betroffener Menschen nachgebessert worden, dennoch reichen die Änderungen nicht aus, um eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.Auch der Paritätische setzt sich mit der bundesweiten Kampagne „BTHG – So nicht!“ für ein besseres, teilhabeorientiertes BTHG ein. In Hessen ruft er im Verbund mit der Liga der Freien Wohlfahrtspflege zu einem landesweiten Pfeifkonzert auf.

Mit dem Pflegestärkungsgesetz II (PSG II) wird Anfang 2016 ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen stellt nicht mehr defizitorientiert den

Hilfebedarf der pflegebedürftigen Menschen fest, sondern ermittelt ihren individuellen Grad der Selbstständigkeit. Statt drei Pflegestufen gibt es nun fünf Pflegegrade. Damit sich die Mitgliedsorganisationen auf das neue System einstellen können, bietet der Paritätische Hessen Schulungen an.