pro familia

Liebe, Sex und Schwangerschaft

pro familia ist in ganz Deutschland ein Begriff, wenn es um sexuelle Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und sexuelle Selbstbestimmung geht. 1952 wird in Kassel die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e. V. gegründet, Ende 1961 öffnet die erste Beratungsstelle des Ortsverbands Frankfurt. In Hessen hat pro familia heute 14 Kreis-, Bezirks oder Ortsverbände, 22 Beratungsstellen und ein medizinisches Zentrum. Neben Themen wie Verhütung, Kinderwunsch, finanzielle Notlagen, Schwangerschafts-konflikte und Sexualität geht es auch um medizinische, sozialrechtliche und psychologische Fragen wie vorgeburtliche Diagnostik, Brustkrebs und dessen Früherkennung, Wechseljahre, Mutterschutz, Elterngeld, Kinderbetreuung, Trennung und Scheidung sowie Beziehungsprobleme. Für Frauen mit einer Behinderung hat pro familia Frankfurt eine barrierefreie gynäkologische Sprechstunde und ist damit eine der wenigen Anlaufstellen für diese Zielgruppe im ganzen Bundesgebiet.

Demonstrationen vor der Beratungsstelle
Auch Projekte zur sexuellen Bildung in Schulen, Förderschulen, Wohneinrichtungen und Werkstätten der Behindertenhilfe gehören zum Angebot. Ebenso wie Fortbildungen für Fachkräfte von der Kita bis zur Altenpflegeeinrichtung. Für Schlagzeilen sorgen diese Angebote allerdings kaum. Ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerät dagegen regelmäßig die Arbeit als anerkannte Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz. Denn seit Jahren sind Schwangere und Mitarbeitende vor der Beratungsstelle von pro familia Frankfurt mit Mahnwachen von Abtreibungsgegner*innen sowie deren

Parolen, Gebeten und Gesängen konfrontiert. Inzwischen sind die Demonstrationen der religiösen Fundamentalist*innen Gegenstand einer rechtlichen Auseinander-setzung. Fanden die Mahnwachen anfangs noch vor der Tür der Beratungsstelle statt, mussten sich die Abtreibungsgegner*innen seit 2019 während der Öffnungs-zeiten außer Sicht- und Rufweite platzieren. Die damaligen Einschränkungen der Stadt Frankfurt stufte das Verwaltungsgericht Frankfurt jedoch mit Bezugnahme auf die Versammlungsfreiheit als rechtswidrig ein. Die Stadt Frankfurt kündigte an, dagegen in Berufung gehen zu wollen.

Ursula auf der Heide, Vorsitzende von pro familia Frankfurt am Main, sagt, es bestehe die Gefahr, dass Frauen dermaßen abgeschreckt würden, dass sie den Gang in die Beratungsstelle scheuten und die Frist für einen möglichen Schwangerschaftsabbruch nicht einhalten könnten. Die Politik müsse dringend tätig werden und den Versuch der Einflussnahme von Ratsuchenden vor Beratungsstellen verbieten.

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Reform des Paragrafen 218 gefordert
pro familia fordert von der Politik eine moderne, umfassende gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs. Die  Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gefährde die Gesundheit von ungewollt Schwangeren in Deutschland. Der Paragraf 218 wurde 1871 ins Strafgesetzbuch aufgenommen und erklärte Schwangerschaftsabbrüche für grundsätzlich strafbar. Nach der heute gültigen Regelung ist ein  Schwangerschaftsabbruch zwar immer noch rechtswidrig, er wird aber nicht bestraft, wenn er innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen erfolgt. Dies ist gebunden an die Pflicht der Frau, sich von einer autorisierten Stelle beraten zu lassen und drei Tage Bedenkzeit einzuhalten. Nicht rechtswidrig sind  Schwangerschaftsabbrüche, wenn medizinische oder kriminologische Gründe vorliegen, eine Frau also zum Beispiel durch eine Vergewaltigung schwanger ist.