Die bewegten 1960er-Jahre

Gesellschaftliche Umbrüche, neue Initiativen

Die 1960er Jahre bringen enorme gesellschaftliche Umbrüche: Studierenden- und Flowerpower-Bewegung, sexuelle Revolution, die Emanzipation der Frau und die Einführung des Zivildienstes – all das beeinflusst die Arbeit des Paritätischen und vieler seiner Mitgliedsorganisationen. Deren Zahl steigt in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts sprunghaft.

1965 bezieht der hessische Landesverband sein neues Geschäftsstellen-Gebäude im Haus An der Körnerwiese 5, in dem er bis heute seinen Sitz hat. In diesem Jahr zählt er 102 Mitgliedsorganisationen, 1968 sind es dann schon 140. Diese unterhalten 896 Einrichtungen für kranke und alte Menschen, für Kinder und Jugendliche, für Menschen mit Behinderung sowie für Erholungsbedürftige und Menschen in sozialen Notlagen. Auch in der Aus- und Fortbildung sind sie aktiv. Im gesamten Verbandsbereich sind circa 12.000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen tätig.

Die ersten Elterninitiativen gründen selbstverwaltete Kindergärten, die sogenannten Kinderläden, in denen sie Alternativen zur autoritären Erziehung entwickeln. Den ersten Kinderladen der Republik hat Monika Seifert 1967 in Frankfurt-Eschersheim unter dem Namen „Freie Kinderschule“ gegründet. Viele dieser Initiativen finden ihr verbandliches Zuhause im Laufe der nächsten Jahre beim Paritätischen und bringen neue Impulse für die Weiterentwicklung der fachlichen Arbeit.

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Im Sozial- und Gesundheitswesen mangelt es in den 60ern an Fachkräften. Der Paritätische Landesverband Hessen bildet selbst in Zusammenarbeit mit dem Hospital zum Heiligen Geist und dem Hauspflegeverein Frankfurt Altenpflegerinnen aus, die anschließend in den Einrichtungen des Verbandes tätig werden.

 

Angesichts des Personalbedarfs in Krankenhäusern, Heimen sowie im sozialpädagogischen Bereich gibt es auch Überlegungen, ein Pflichtjahr für die weibliche Jugend zu etablieren. Dazu kommt es jedoch nicht. Stattdessen tritt 1964 das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJ) in Kraft. Obwohl es für Frauen und Männer offen ist, bleibt es zunächst im Wesentlichen jungen Frauen vorbehalten, da junge Männer in der Regel im Militär- oder Zivildienst gebunden sind. Erst ab 2004 wird das FSJ als gleichwertig zum Zivildienst anerkannt werden.

Die Ausbildung von Wohlfahrtspflegern wird neu geordnet. Sie heißen jetzt Sozialarbeiter. Der ursprünglich reine Frauenberuf wird zunehmend auch von Männern ergriffen.